Die Relevanz der Dinge
Die Relevanz der Dinge
Über die Fähigkeit, Freude in Dingen zu finden
Gewaltige Gesundheit
Würde man einen Ernährungsberater fragen, was zentral für die eigene Gesundheit wäre, könnte seine Antwort wohl “Ernährung“ sein. Würde man einen Trainer fragen, was zentral für die eigene Gesundheit wäre, könnte seine Antwort wohl “Sport und Bewegung“ sein. Würde man einen Mediziner fragen, was zentral für die eigene Gesundheit wäre, könnte seine Antwort wohl “gesunde Blutwerte“ sein.
Was würde wohl ein Leser dieses Artikels auf die gleiche Frage antworten?
Vermutlich liegt hier wohl niemand falsch, doch oft kommt es bei einem solchen Thema zu einem interessanten “Phänomen“. Wohl wissend, dass der Begriff “Gesundheit“ so gewaltig scheint, dass wir ihn nicht einfach nur auf einer gedanklichen Säule abstellen können, neigen wir doch dazu, uns auf einige wenige Fundamente zu konzentrieren oder zu spezialisieren. Verständlich, denn alle Faktoren beachten zu wollen wäre schließlich unmöglich und man will ja “praktikabel“ bleiben, richtig?
Stimmt eine solche Erklärung aber eigentlich? Ist das Thema Gesundheit wirklich so gewaltig und macht es wirklich Sinn, sich auf einige subjektiv wichtige Ansatzpunkte zu konzentrieren? Könnte das möglicherweise auch schaden?
Uhrzeit-Tyrannen
Seitdem wir lernen durften, dass unsere inneren (Organ-)Uhren nach bestimmten Zeitgeber-Beats tanzen und dass zirkadiane Rhythmik, Licht, Temperatur, soziale Interaktionen etc. eine signifikante Rolle bei Hormonen, Herz und Augenlicht spielen, hat sich einiges verändert. Mehr und mehr Menschen verwandeln ihre Wohnung am Abend in ein Rotlicht-Milieu, vermeiden (wenn möglich) einen letzten abendlichen Blick auf ihr grelles Handy-Display und tragen modisch fragwürdige orangefarbene Brillen. Der Autor dieses Artikels ist hier übrigens keine Ausnahme.
Das ist auch gut so! Keineswegs soll in diesem Artikel ein proaktives Handeln für das eigene Wohlergehen negativ kommentiert werden. Bitte macht weiter so! Interessiert euch für eure Gesundheit und setzt euch mit eurem körperlichen Wohlergehen auseinander, wenn ihr denn möchtet. In diesem Artikel geht es um etwas anderes. Hier geht es um eine Art und Weise, an mögliches Wissen bedacht heranzugehen und möglichst klug zu integrieren. Es geht um die Relevanz der Dinge. Bleiben wir dafür ein bisschen länger beim Thema der zirkadianen Rhythmik.
Bei einer Studie von 2012 wurde eine interessante Entdeckung gemacht.1 Kälte als ein Faktor für zirkadiane Rhythmik ist seit einiger Zeit ein bekanntes Thema. Entdeckt wurde bei dieser Studie, dass ein Gefühl von “Sicherheit“ oder Komfort überhaupt erst ein Greifen von Rhythmik erlaubte. Lagen Menschen in einem kühlen, dunklen Zimmer auf einem Bett, konnten Melatonin, Cortisol und weitere Hormone der nächtlichen Kaskade erst dann greifen, wenn ein Laken (also nicht zwingend eine flauschig warme Decke) den Körper bedeckte. Dunkelheit ist durchaus ein Stressor. In Dunkelheit und bei kühlen Temperaturen alleine auf einer Präsentier-Matratze zu liegen, ist für wenige Leser oder Leserinnen wohl eine angenehme Vorstellung. Einen verdeckenden Schutz auf sich zu spüren, eine Abschirmung zwischen sich und der Außenwelt am Körper zu fühlen, bevor man in einen wehrlosen Zustand namens Schlaf versinkt, spielt anscheinend eine signifikante Rolle. Anders gesagt: Empfundener Stress – eine subjektive Sache – spielt anscheinend eine recht relevante Rolle. So sehr, dass es sogar unseren inneren Uhren auf den Zeiger geht. Wie mächtig ist also das, was wir hier als Subjektivität bezeichnen und was steht damit im Zusammenhang?
Kreis(auf)läufe
Oft werden biologische Regelkreise und Feedback-Systeme im Körper als eine Art Kreislauf dargestellt. Das Gehirn bekommt einen Reiz, sendet ein Signal, stimuliert Reaktionen und bekommt Signale zurückgesendet als Feedback. Eine recht übersichtliche Sache! Übertragen wir aber eine solche Idee auf das gerade dargestellte Beispiel aus einer Studie, zeichnet sich langsam ein anderes Bild ab:
Nach unserer Vorstellung induziert Licht (oder die Abwesenheit davon) eine Art Reiz – zum Beispiel über die Augen. Durch diesen Stimulus werden Clock-Gene modulierend beeinflusst, wodurch Abläufe im Körper reguliert werden. Anders gesagt ist Dunkelheit, Schlaf und Regeneration ein aufeinander abgestimmter Zyklus, reguliert durch u.a. externe Signale wie Licht. Flauschige Bettdecken sind jedoch (leider) keine Zeitgeber – was haben sie aber in einem solchen Kontext hier zu suchen? Ein möglicher Grund wäre einfach zu erklären, jedoch schwer zu skizzieren. Nie – niemals – spielt jemals lediglich ein einzelner selektiver Kreislauf nur eine Rolle.
Genau hier kommt es jetzt zu einem Knackpunkt. Diese Kreisläufe sind nicht nur miteinander und ineinander verwoben – um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen – stehen wir mit unserer Subjektivität im Mittelpunkt!
Menschen im Mittelpunkt. Das kann ja heiter werden.
Je nachdem, wie wichtig uns ein Thema ist (zum Beispiel Ernährung, Bewegung, Blutbild oder Licht), wächst ein Kreis durch unsere Bewertung weiter an und erhält einen größeren Einfluss. Entwickeln wir ein Bewusstsein für ein bestimmtes Thema – sagen wir Bewegung – und nehmen uns dafür jede Woche erfolgreich Zeit, wirkt neben dem Effekt des Trainings noch etwas, was man wohl als Achtsamkeit für ein Thema bezeichnen könnte. Zusätzlich natürlich auch die Freude über einen Erfolg. Verbeißen wir uns in ein solches Thema und “müssen“ einen Wochenplan an Bewegungseinheiten absolvieren, kann dadurch jedoch auch ein unkontrollierter neuer Stressor werden.
Erfahren wir, dass elektromagnetische Felder (EMF) einen signifikanten und potentiell negativen Effekt auf unseren Körper haben, entwickeln wir ein Bewusstsein dafür. Vielleicht fangen wir an zu recherchieren, nehmen Messgeräte in die Hand und stellen daraufhin zeitnah fest, wie sehr der moderne Mensch sich doch in einem elektromagnetischen Kabelsalat verfangen hat. Hier finden wir jedoch gerade keine wirkliche Lösung und plötzlich beginnt etwas Unbekanntes an uns zu reiben. Wir wollen handeln, können jedoch nicht. Kommt das Thema auf, reagieren wir möglicherweise mit mehr emotionaler Beteiligung, als gewollt. Kopfschmerzen werden unweigerlich mit W-Lan assoziiert. Irrelevant, ob es in einem solchen Fall auch zutreffen mag. Wir stressen uns also über einen Stressor, den wir vor einigen Wochen noch nicht einmal kannten!
Fakten sind subjektiv. So wie unsere Wahrnehmung und unsere höchstpersönliche als “Realität“ bezeichnete Sicht der Dinge. Subjektivität gibt Themen Relevanz, macht Dinge wichtig oder unwichtig. Gibt uns Hoffnung oder reibt uns auf. Sicher – das lässt Ernährung, Sport, Blutwerte, Lichthygiene und noch so viel mehr Themen weiterhin als Faktor existieren. Keinesfalls sollte die Quintessenz dieses Artikels sein, dass man sich einfach nicht stressen lassen und man “laissez faire“ durch das Leben torkeln sollte. Lustigerweise ist eine solche Aussage allerdings näher am Kern dieses Textes dran, als man vielleicht meinen mag. Es geht um eine andere mentale Herangehensweise, die bei wachsendem Wissen sogar immer leichter zu bedienen ist.
Die Relevanz der Dinge
In einem vorangegangenen Artikel wurde die Behauptung aufgestellt, dass das, was wir als Dogma bezeichnen, Menschen eine Form der Sicherheit geben kann. Eine Möglichkeit, um Realitäten greifbar zu machen. Kombiniert mit den Aussagen aus diesem Text, wird vielleicht noch deutlicher, warum Dogmen eine Art Anerkennung erhalten sollten. Primär unabhängig davon, ob ein solches Dogma dem Menschen selbst (oder Mitmenschen) schadet. Veränderung wird nicht durch das kompromisslose Zerstören von dogmatischen Überzeugungen erreicht. In der Regel sind wir dazu sowieso nicht fähig. Beide Texte versuchen etwas für den Leser deutlich zu machen, was oft in der Hitze des alltäglichen Gefechts übersehen wird. Ein Raubtier bleibt eine klare Bedrohung. Eine Vergiftung mit Arsen bleibt eine lebensbedrohliche Situation. Doch in erstaunlich vielen Fällen – vor allem in der Moderne – stehen wir selbst in unserem höchstpersönlichen und subjektiven Zentrum. Unser freier Wille definiert, wie wir mit Informationen umgehen, ob wir sie interpretieren und festlegen wollen. Realität ist subjektiv. Alleine schon, da wir von dem, was wirklich alles schwingt, bebt und sich bewegt nur einen minimalsten Bruchteil mitbekommen. Dafür muss man sich gedanklich nur für einen Moment daran erinnern, wie wenig das sichtbare Licht vom gesamten elektromagnetischen Spektrum darstellt. Würden wir ein wenig mehr des infraroten Bereichs mitbekommen, würden Lebewesen anfangen zu leuchten. Wir würden durch Temperaturunterschiede erkennen, ob eine Leber leidet, ein Herz schmerzt, oder der Darm durchdreht. Eine Vergrößerung des bewusst wahrnehmbaren sichtbaren Spektrums um das Doppelte – was noch immer eine marginale Größe wäre – würde uns vermutlich aufgrund von Reizüberflutung durchdrehen lassen. Was ist nun aber eine sinnvolle Herangehensweise an das Thema “Gesundheit“? Darum geht es doch in diesem Artikel, richtig?
Die Fähigkeit, Freude in Dingen zu finden
Wird man als Ernährungsberater bei Freunden zu Pizza, Chips und Cola eingeladen, mag das vielleicht nicht unbedingt eine schöne Vorstellung für diese Person sein. Hat man dabei aber gewaltigen Spaß, tolle Menschen um sich und empfindet vollste Lebensfreude, ist dann das Essen von “gesunder Nahrung“ alleine zu Hause wirklich besser? Eine Antwort ist hier gar nicht so einfach. Wenn uns eine Salami-Pizzascheibe so sehr stresst, dass wir uns den Rest der Woche ärgern und schlecht gestimmt mit einer Art Schuldbewusstsein durch die Gegend schlurfen – dann möglicherweise schon. Manche mögen ein solches Beispiel vielleicht als übertrieben empfinden. Wirklich?
Wird man als Trainer von Freunden zu einem Computerspiel auf der Couch eingeladen, statt ins Gym zu gehen, mag das vielleicht nicht unbedingt eine schöne Vorstellung für diese Person sein. Hat man dabei aber gewaltigen Spaß, tolle Menschen um sich und empfindet vollste Lebensfreude, ist dann das Training alleine im Studio wirklich besser? Eine Antwort wäre wohl ähnlich wie beim ersten Beispiel. Es ist nicht wichtig, ob es sich bei einem solche Beispiel um eine Pizzascheibe oder Computerspiele handelt. Sind kulturelle Standards (man muss sich so und so verhalten), religiöse Richtlinien, Vorstellungen über Beziehungen zu anderen Menschen, eine Aufgabe und ein Ziel vor Augen und noch viele weitere Aspekte hier keine möglichen Beispiele? Es geht um die Relevanz der Dinge. Subjektive Prioritäten, in deren Wichtigkeit wir mental investiert haben.
Die Fähigkeit, Freude in Dingen zu finden. Etwas, was so simpel klingt, ist doch für so viele Menschen eine ernste Herausforderung. Je mehr man sich anstrengt bzw. “zusammenzieht“, desto schwerer scheint es zu sein. Vielleicht, weil erst durch das loslassen von “Kontraktionen“ ein wirkliches Lächeln möglich wird? Ein Freund sagte zu diesem Thema einmal einen passenden Satz:
“Viele Menschen glauben, dass sie glücklich sein werden, wenn sie erstmal gesund sind. Eigentlich geht das aber umgekehrt.“
Viele verschiedene Menschen haben viele verschiedene Vorstellungen einer gesunden Lebensweise. Vieles mag davon stimmen! Doch wie wir mit einem solchen Wissen umgehen, hat oft einen mindestens so großen Einfluss auf unsere Gesundheit, wie das Wissen selbst. In diesem Artikel wurden recht simple Beispiele verwendet.
Nehmen wir Wissen als Orientierungspunkt wie einen variablen Polarstern am Himmel an, oder entscheiden wir uns dazu, Sklave auf einer selbstgebauten Gedanken-Galeere zu werden? Sehen wir mit Scheuklappen selektive Regelkreise, oder sind wir weit genug kognitiv geschult, um uns von intuitiven Wellen leiten zu lassen? Nur um das erneut zu betonen: Es geht um eine kognitiv geschulte Intuition. Also um eine Art Einheit von zwei polaren Gegensätzen (zumindest meinen wir das heutzutage). Wahres Verständnis scheint zeitgleich mit der Fähigkeit geschult zu sein, sich zu öffnen, innere Kontraktionen zu lösen und locker zu lassen. Mit einer anregenden Person am Abend unter Kunstlicht Pizza zu essen und im Anschluss Video-Spiele zu spielen ist vielleicht gar nicht so ungesund, wie man meinen möchte. Zumindest, solange die Blutwerte in Ordnung sind!
Anmerkung: Damit lässt sich wohl das Folgende über die Härte von Stressoren behaupten:
Gelöster Stressor < bewusster, relativierter (kontrollierter) Stressor < unbewusster Stressor < bewusster unkontrollierbarer Stressor < Persönliche Aufgabe, trotz Reibung
Quellenangaben:
1 Okamoto-Mizuno, Kazue, und Koh Mizuno. „Effects of thermal environment on sleep and circadian rhythm“. Journal of Physiological Anthropology, Bd. 31, Nr. 1, Mai 2012, S. 14. PubMed Central, doi:10.1186/1880-6805-31-14.
Warum Trinkgeld?
All die Informationen, die ich – übrigens neben meiner normalen Berufstätigkeit – auf dieser Seite für euch aufbereite und zur Verfügung stelle, sind immer das Ergebnis von sehr arbeitsintensiven Tagen oder gar Wochen -> für Recherche (Studien, Interviews,..), Formulieren, Gegenlesen, etc… Alternativ könnte ich mein so erarbeitetes Wissen natürlich auch (..und lukrativer..) ausschließlich in meiner Eigenschaft als Personal Consultant in Einzel-Beratungen weitergeben.
Das ist aber nicht mein Ansatz! Mir ist vor allem auch wichtig, möglichst viele Menschen zu erreichen, die von den hier gesammelten Informationen, von der Kenntnis über wissenschaftlich neu gefundene Resultate und ihre Konsequenzen profitieren könnten.