Ernährung Serie: Von Kalorien zur Quantenphysik – Teil IX: Völlerei und Faulheit! Teil 2
Zu viel Nahrung, zu wenig Bewegung. Zu viel Faulheit, zu wenig Disziplin
Teil 2
Von Friss-die-Hälfte und der wundersamen Eigenschaft von Menschen, zu arbeiten, um Geld für Nahrung zu haben, um es wieder auszugeben, um sich das gegessene wieder abzutrainieren.
Das Grobe:
Wenn man sich an die unterschiedlichen Empfehlungen der verschiedenen Meinungen über eine gesunde Ernährung halten möchte:
- Muss man sich fettarm und kohlenhydratbetont ernähren
- Muss man Kohlenhydrate reduzieren und fettbetont essen
- Ist Fleisch ungesund
- Milch ein Saft der Hölle
- Soja die Vorstufe für „Manboobs“
- Das Frühstück auslassen
- Nicht zu spät zu Abend essen
- Mittagessen auslassen
- Regelmäßig mit seltsamen Pulvern sich entgiften
- Am besten fasten
- Sich vor Nachtschatten und anderen gefährlichen Gemüsesorten vorsehen
- Lektine in Pflanzen vermeiden
- Roh essen
- Darmflora, Fermentierung! Halleluja!
Die Liste geht bestimmt noch weiter. Das Leben ist echt eines der härtesten. Das Tolle an der ganzen Geschichte ist – wir kaufen es. Wir wollen es! Und der Markt weiß es. Was sollen wir essen, um uns vor Krankheiten zu schützen, um schlank zu bleiben und Idealen zu entsprechen? Krankheiten explodieren und mehr und mehr Konzepte werden über den Haufen geworfen. Neue Bücher brechen aus der Asche alter Wahrheiten. Experten preisen ihre einzigartigen Lösungen an. Verwirrung herrscht. Auch wenn immer noch viele der Meinung sind, dass Fette unsere Blutgefäße verstopfen, ist die Ära von trockenem Reis mit Gemüse und fettarmer Putenbrust langsam vorbei. Erfolgreich sind wir zu Cola light, pflanzlichen Ölen und Bauchspeck gewechselt… seufz.
Ein normaler Mensch, der nicht jegliche ihm verfügbare Freizeit mit der Wissenschaft des Bacons verbringt, wäre unter heutigen Umständen komplett verwirrt. Genervt greift er sich einfach einen Apfel (Oh mein Gott! Ein Apfel! Bist du des WAHNSINNS?), um Ärzte auf Abstand zu halten und eine Tafel Schokolade für das Gemüt. Unsere Großeltern würden verständlicherweise den Kopf schütteln und essen, was auf den Tisch kommt. Okay okay. Das ist keine ausreichende Aussage mehr für das heutige Zeitalter. Wir wollen wissen, wie wir mithilfe von geheimen Samen irgendwo auf den Inseln Südamerikas unser Hirn auf Overdrive bringen, wie wir durch genial geplante Gerüste aus Makros und Mikros allen anderen verächtlichen Sterblichen mental mindestens 10 Lichtjahre voraus sind. Wir nennen das Biohacking. Es ist eine Form, Geld zu verdienen.
Spaß beiseite. Man merkt einen Unterschied, wenn man sich statt Tiefkühlpizza mit Nahrung hoher Qualität ernährt und manche Ernährungsformen, die in den letzten Jahren an Prominenz zugelegt haben, sehen vielversprechend aus. Das wird auch in diesem Beitrag nicht angezweifelt. Schließlich bin ich selber semiorthorektisch veranlagt durch meine bis jetzt dominierende Sichtweise über Nahrungsmittel (Genuss fällt immer weiter auf Platz 2 oder 3). Ladet so jemanden nie zum Essen ein. Kein Spaß!
Auf der epischen Quest nach Unsterblichkeit durch Dominanz über die elementare Magie der Nahrung *räusper*, durch intensive Beschäftigung mit unserer Ernährung ist man in kürzester Zeit in einem Mahlstrom an omnipotenten Wahrheiten gefesselt. Im ersten Teil haben wir uns mit dem Dogma von Fitness-Abos und dem Verständnis von akutem Mord beschäftigt. Entzündliche Prozesse und oxidativer Stress waren dabei die dunklen Mächte im Hintergrund. Ein viel mächtigeres Wesen, das uns jährlich Unmengen an Geld in seinen Rachen werfen lässt, ist Nahrung. Kein Zweifel. Ernährung ist mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ein wichtiger Faktor, um erfolgreich auf dieser Welt zu bestehen. Woher kommt eigentlich unsere Obsession mit Essen?
Eine Möglichkeit ist unser Überleben. Ohne Nahrung über einen längeren Zeitraum wäre unsere schiere Existenz in Bedrohung. Ohne einen sicheren Ort mit ausreichend Verpflegung für den eigenen Nachwuchs, wäre die eigene Spezies gefährdet. Bei Nahrungsaufnahme bekommen wir einen hormonellen Kick an Dopamin und anderen Hormonen, die uns motivieren sollen, das mit der geladenen Hand zum Mund ruhig öfter zu machen. Wir suchen Nahrungsmittel auf, die eine hohe Energiedichte haben und jegliche Versprechung auf den unendlichen Weiten des Internets, die uns locken mit der Prämisse, so viel essen zu können, wie wir wollen (vorausgesetzt wir beachten x y z), wird zumindest eines unterdrückten gierigen Blickes gewürdigt. Man möchte schließlich beides – richtig gut aussehen und gesund sein und gleichzeitig nicht verzichten auf die neuesten Meisterwerke des Konditors von nebenan.
Unser Zugriff auf Nahrung ist in den letzten paar hundert Jahren explodiert und kulturelle Evolution treibt das Rad der Entwicklung unerlässlich voran. Ernährung ist ein großer Markt. Sie verspricht die Heilung von Vergiftung, Krebs, Demenz, Unfruchtbarkeit, Diabetes, steigert die Potenz, lässt Fett schmelzen und Muskeln explodieren. Kommen wir aber doch einmal bitte ein wenig zurück auf die Erde und weichen zurück aus den Tempeln der Völlerei. Wie wichtig ist Ernährung eigentlich im Vergleich zu anderen Faktoren? Ist Ernährung vielleicht nur ein Teil des Puzzles?
Das Feine:
Ist es verwunderlich, wenn ich behaupte, dass Ernährung und alles andere, was wir uns durch den Mund schieben für unseren Körper eine Information aus der Umgebung ist? Kohlenhydrate haben eine andere Information für uns als Eiweiß oder Fette. Das, im Grunde genommen, ist eine Basis für so ziemlich alle Ernährungsformen. Kohlenhydrate und Eiweiß lassen das aufbauende Hormon Insulin ansteigen, ketogene Ernährungen bewirken einen Anstieg an Ketonkörpern in unserem Körper und alles – alles – beeinflusst die Expression von Genen in unseren Zellen[1,2,3]. Ist das nicht erstaunlich? Wir essen Informationen. Jede Aminosäure, jede Kohlenstoffkette enthält Struktur, Energie und Information, die unseren Körper in seiner Funktion formt. Was das Ganze so interessant für uns macht: Wir können es aktiv beeinflussen. Wir können dirigieren, in welchem Takt unser Innerstes tanzt.
Ist das aber wirklich so besonders? Eigentlich nicht. Wenn man genauer darüber nachdenkt, hat alles, was sich in unserer Umgebung befindet, einen Effekt auf uns. Wir haben Zeitgeber-Gene (CCGs), die sich in jeder unserer Zellen befinden und unseren cirkadianen Rhythmus dirigieren (mit Genexpression, wie oben also). Unser Körper wird strukturiert aus Halbleitersystemen und geordnetem Wasser mit Eigenschaften einer Batterie[4]. Wir basieren auf Struktur, Energie und Information. Licht über die Augen und Haut setzt in einem einzigen Augenblick fundamental wichtige Reaktionen in unserem Körper frei, während Temperatur-Rezeptoren in uns konsequent in Feedback-Systemen regulieren, Hormone aussenden und, richtig, Teile unseres Genoms an- oder ausknipsen[5,6]. Unser Körper spürt, wenn es Winter wird, die Sonne im Sommer mit vollem Spektrum auf uns einstrahlt. Wir nehmen die Luft über unsere Lungen auf und kleinste Partikel durchströmen das System. Im Innersten der Zellen findet in den Kraftwerken, unseren Mitochondrien, ein Feuerwerk aus Elektronen-Transport, Magnetfeldern, Lichtsignalen und Druck statt. Nahrung, um es noch einmal deutlich zu sagen, ist ein Teil dieses unbegreiflichen Schauspiels. Mehr. Nicht.
Ein paar Wurzeln allen Übels
Der menschliche Körper ist komplex. Umso dankbarer bin ich, wenn man in manchen Bereichen anscheinend (nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft) das gesamte Gerüst auf einzelne Pfeiler stellen kann. Wir kennen das Trio, was jetzt genannt wird, inzwischen wohl recht gut. Radikale bzw. reaktive oxygen species (ROS), entzündliche Prozesse (EP) und epigenetische Adaption. Natürlich gibt es noch weitere Punkte (Hormone, mealtiming, Makros, Nährstoffdichte etc.), die aber meiner Meinung nach alle mit einem der Drei unter einer Decke stecken. Wollen wir uns doch mal ein wenig genauer damit beschäftigen.
Radikale oder ROS:
Jeder hat es bereits gehört. Freie Radikale sind schlimm, sind der Grund für Krankheit und wir müssen Unmengen an Antioxidantien schlucken, um zu funktionieren. Was ist aber, wenn ich sagen würde, dass ROS essentiell für uns sind und ohne ein funktionierendes System von Reduktion und Oxidation (das Geben und Nehmen von Elektronen) unser Körper in Rekordzeit das Zeitliche segnen würde? Radikale entstehen unter normalen Umständen fast ausschließlich bei der Produktion von ATP in unseren Mitochondrien. Das bedeutet auch, dass wir schlichtweg durch Atmung und dem Verstoffwechseln von Nahrung Radikale produzieren, altern und irgendwann sterben. Bisher kenne ich noch kein Protokoll, das auf diese beiden Komponenten verzichten kann. Wir kommen also nicht drum rum. Radikale werden produziert. Unser Körper lässt sie natürlich nicht Schaden anrichten, sondern hat für die meisten Unruhestifter einen Ausgleich. Problematisch wird es erst, wenn wir chronisch unkontrolliert Unmengen an ROS durch eine schlechte Lebensweise produzieren. Dann kann es zu Schäden an Zellmembranen, Proteinstrukturen und sogar unserer eigenen DNA kommen. Mitochondrien in ihrem reaktiven Umfeld sind hierbei natürlich stärker betroffen, als beispielsweise der Zellkern mit seiner geschützten genetischen Datenbank.
Unsere Zellen arbeiten für uns in unbeschreiblich liebevoller Loyalität. Sie arbeiten, bis sich ihre eigene Hülle langsam vor Überanstrengung zersetzt (Lipid Peroxidation), die Grundfesten anfangen zu bröckeln und die Feuer im Inneren langsam erlöschen (Mitochondrien). Ist die Zeit gekommen, werfen sie heroisch die Flagge und signalisieren damit ihren eigenen Zelltod mithilfe ihrer Kameraden (Apoptose). Das Signal wird übrigens durch ROS getriggert[7]. Würde die Zelle in ihrem verwüsteten Zustand weiter arbeiten, das Signal zum Abdanken also nicht erscheinen, wäre das Resultat eine miserable Energiebereitstellung, die uns – abhängig vom Umfang – auf Dauer zugrunde richten kann. An der Stelle des absterbenden Veterans erscheint eine neue Zelle aus dem Stammzellen-Pool und übernimmt unermüdlich die Aufgabe ihres Vorgängers. Erste Schäden werden begrenzt durch nächtliche Reparaturen im gesamten System (Autophagie). Tatsächlich geben unsere Zellsoldaten niemals Ruhe. Man müsste sich gelegentlich fragen, wer eigentlich mehr an unserem (Über)Leben hängt. Unsere Zellen oder wir selbst?
Das gesamte System ist ständig im Wandel. Erhöhte Belastungen, Licht, Krankheiten und andere Einflüsse verändern das Spielfeld jeden Augenblick. Ausbrüche in beide Richtungen sind normal. Problematisch wird es immer erst dann, wenn die Zahnräder im Dauerzustand ineinander verkeilen und der Körper auf Kosten seiner eigenen Reserven gegensteuern muss. Das oberste Ziel ist Funktionalität des Körpers. Langfristiges Gedeihen wird immer kurzfristigem Überleben geopfert[8]. Je nach Situation werden andere ROS mit anderen Eigenschaften produziert. In dem Video etwas weiter unten wird das Ganze wunderbar erklärt. Was fehlt, ist eine offene Frage – wenn Radikale so schrecklich für uns sind… warum existieren sie dann in unserem Körper? Hatten wir nicht genug Zeit gehabt, um uns auf eine besser geschützte Art und Weise mit Energie zu versorgen?
Der erste Punkt ist ein fundamentales Gesetz, dass alles aus Protonen (Neutronen) und Elektronen in uns besteht. Im Endeffekt sind Radikale nicht schädlich, sondern lediglich reaktive Moleküle, die nach Struktur suchen und einen gewissen Effekt haben. Etwas so Grundlegendes wie das „Verschieben“ von Elektronen zu verändern, wäre eine ziemliche Leistung. Der nächste Punkt ist, dass wir im Grunde genommen recht robust vorbereitet sind auf Radikale. Stammzellen sind unser Speicher für Nachschub, Enzyme und endogene Antioxidantien binden freie Radikale recht zuverlässig und im Falle eines Schadens können unsere Zellen sich reparieren (Autophagie), oder selbst zerstören (Apoptose).
Das ist aber nicht die ganze Geschichte. Tatsächlich spielen ROS eine zentrale Rolle für das Vorantreiben gewisser physiologischer Abläufe in unserem Körper. So haben Radikale wie H2O2 (Wasserstoffperoxid) die Eigenschaft, Enzyme gezielt und reversibel an ihren Cysteinresten zu oxidieren und damit die Raumstruktur und Signalfunktion zu verändern (kurz noch ein zweites mal lesen – darüber nachdenken, wie genial der Körper ist – weiterlesen)[9]. Diese veränderten Enzyme wiederum stimulieren Systeme zur Zellproliferation, Autophagie, Aufnahme von Nährstoffen, dem Überleben und der metabolen Aktivität der Zelle. Radikale sind schlichtweg nicht das Problem an sich, sondern fundamental für das situationsbedingte Umkonfigurieren von Form und Funktion gewisser Proteine im Körper[10,11]. Wie immer wird auch hier die Situation erst dann ungesund, wenn wir zu wenig Schutzmechanismen, oder einen chronischen Überfluss an Radikalen besitzen. Dann kann es zur Schädigung von Zellmembranen, DNA Mutationen und Ähnlichem kommen. Aus diesem Grund sind ROS gelegentlich die Bösen. Aus meiner Sicht könnte man sie inzwischen auch als ein notwendiges zweischneidiges Schwert betrachten, dessen Herr und Meister (unser Körper) unter normalen Umständenunter damit umzugehen weiß. Was wir tun, wie wir leben und was uns umgibt, beeinflusst was in unserem Körper passiert und wie er reagiert.
Diese Erkenntnisse bedeuten wohl u. a. auch, dass das Schlucken einer Unmenge von Antioxidantien und das Vermeiden von ROS nicht unbedingt die Lösung für jedermann ist. Vermutlich gibt es wenige, die das beachten und bei Beratungen kritisch betrachten. Erstaunlich bleibt, wie unser Körper über intelligente Konstruktion von Netzwerken jeden Augenblick einen Sturm an Signalen und Reaktionen bewirken kann. Dass Wissenschaftler nicht allesamt halb verrückte gottgläubige Fanatiker geworden sind, ist mir gelegentlich ein Rätsel.
Entzündliche Prozesse (EP):
Wie bereits im ersten Teil beschrieben ein zentraler Mechanismus zum eigenen Erhalt. Jeglicher Eindringling, dem wir jeden Augenblick ausgesetzt sind, wird sofort in einem kontrollierten System aus Signalgebung und Koordination des Körpers gestoppt. Das passiert zu einem gewissen Maß jeden Augenblick. Wie bei ROS ist eine Überproduktion oder ein ständig entzündeter Zustand nicht zuletzt ein epigenetischer Fingerabdruck, der uns verändert. Auch ist die richtige Dosis an ROS bei einem EP ein wichtiger Unterschied. ROS und EP hängen stark zusammen, wirken sowohl gut, als schlecht und sind für uns absolut essentiell. Funktioniert unser Immunsystem und andere damit verbundenen Systeme nicht ausreichend, werden wir nur noch schwer Herr/Frau der Lage. Beispiele in Bezug auf Ernährung sind unter anderem bakterielle Lipopolysaccharide (was für ein Ding?). Das sind grob gesagt Bestandteile unserer Nahrung, die durch einen löchrigen Darm (bekannter als „leaky gut“ – oder Leckdarm) in unseren Blutkreislauf eindringen können. Werden diese Fremdkörper entdeckt, bricht eine massive entzündliche Reaktion los, die den Feind an Ort und Stelle zerstören muss (inklusive betroffener Zellen). Was passiert, meint ihr, wenn der Darm chronisch offen steht[12,13]? Ist die Blut-Hirn-Schranke ebenfalls ein schweizer Käse, kann sich dies ebenfalls im Gehirn abspielen – was im Grunde genommen eine der derzeitigen Erklärungen von beispielsweise Depression und neurodegenerativen Erkrankungen via der Darm-Hirn-Achse ist[14]. Das ist ein Grund, warum in letzter Zeit in Amerika der Stuhlgang von gesunden Menschen offensichtlich als Leckerbissen gilt (fecal transplants, anyone?). Durch das Sanieren der Darmflora möchte man Kulturen aufbauen und draußen lassen, was draußen bleiben soll. Toll, wenn’s klappt. Dazu später mehr.
Auch Nahrungsmittel selbst können entzündlich wirken. Eine derzeit stark vertretene Position ist die toxische Wirkung von chronisch erhöhtem Blutzucker, verbunden mit einer behinderten Insulinsekretion durch, genau, entzündete Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse. Einfach zusammengefasst können Kohlenhydrate bei einem Menschen mit Insulinresistenz den Blutzucker konsequent erhöhen, was wiederum zu mehr ROS und EP führt, was weiter die Produktion von ektopem und viszeralen Fetten fördert, das System noch weiter beschädigt – bis irgendwann selbst Metformin und andere Drogen den schwarzen Diabetikerfuß auch nicht mehr retten können. Wer sich bereits ein wenig mit dem Blutzucker beschäftigt hat, weiß vielleicht, dass Cortisol und andere Glucocorticoide ebenfalls für einen Anstieg des Blutzuckers sorgen[15]. Wenn wir also zum Beispiel den gesamten Tag unter massivem blauen Licht sitzen und arbeiten, dabei noch ein wenig Kaffee schlürfen, passiert was? Richtig – wir schütten Stresshormone ins System, ohne sie tatsächlich in einer primordialen fight or flight Situation zu „verbrauchen“. Kann Blaulichtspektrum also zusätzlich zur Blockade von Melatonin Insulinresistenz drastisch fördern? Yep[16,17,18]. Und wir brauchen nicht mal Kuchen dafür. Praktisch oder?
Epigenetische Adaption:
Darwin war schon eine coole Socke, oder? Survival of the fittest. Adaptive Mutationen, die auf Fortschritt programmiert sind. Darwin würde Tränen der Freude weinen, wenn er in der heutigen Zeit von den massiven, blitzschnellen adaptiven Veränderungen unserer Gene hören würde. Nahrung spielt dabei sicherlich auch eine Rolle. Wie bereits in dem Beitrag über Ketose beschrieben, scheinen Ketonkörper wie Beta-Hydroxybutyrat einen entzündungshemmenden Effekt auf die Expression von Genen zu haben (bemerkenswert). Genauso hat ein starker Anstieg an ROS durch eine vermehrte Kohlenhydrataufnahme oder intensives Krafttraining einen Effekt auf Wachstum und Metabolismus[10]. Dasselbe gilt für elektromagnetische Felder, Lichtspektren, Zeitgeber-Gene, Interaktionen von Molekülen in unserem Körper, damit verbundener Methylation von Gensequenzen in unserer DNA, gemessener Energiestatus im Körper via Leptin, Schlaf und Regeneration, sozialen Interaktionen. Wie bereits gesagt hat mehr … oder noch mehr einen Einfluss auf die Aktivierung und Deaktivierung von Genen mit gewissen Informationen in unseren Zellen. Dadurch können wir unseren Stoffwechsel verbessern, unser Verhalten verändern und vieles mehr. Es ist schwer, wirklich vollständig auf die Relevanz von Epigenetik einzugehen. Wie bereits in einigen Beiträgen erwähnt, sind sich inzwischen viele Wissenschafter in der heutigen Zeit sicher, dass Genetik zwar das Grundgerüst unseres Lebens darstellen (Die Munition), doch Epigenetik diktiert, was tatsächlich passieren wird (der Abzug). Unsere Familie kann eine langjährige Geschichte an Diabetikern besitzen und ja – das kann bedeuten, dass wir den „Code“ für diese Krankheit in uns besitzen. Unser Alltag und unsere Lebensweise entscheidet jedoch darüber, ob wir tatsächlich einen lebenslangen Krieg mit sog. „genetisch veranlagten“ Krankheiten zu führen haben[19]. Unser Alltag entscheidet sogar darüber, wie gesund unsere Kinder auf die Welt kommen[20,21]. Das betrifft vor allem natürlich die Mütter aufgrund der Vergabe der mitochondrialen DNA (Väter sind allerdings mehr als genug beteiligt). Das bedeutet auch, dass der Verzicht auf Alkohol, Rauchen und andere Drogen erst ab dem Zeitpunkt der Schwangerschaft zwar eine gute Idee sein mag, doch je nach vorangegangenem Trieb zur Selbstzerstörung ein Tropfen auf den heißen Stein sein mag. Immerhin sorgt die Natur von selbst dafür, dass ungesunde Eltern es immer schwerer haben, Kinder auf die Welt zu bringen (wer sich ein wenig die Daten über heutige Unfruchtbarkeit anschaut, könnte eine Gänsehaut bekommen). Insbesondere Frauen sind hoch sensibel, wenn es um ihr Umfeld geht. Männer, beschützt eure Frauen ein wenig. Sie haben ein epigenetisch schweres Los gezogen. Das ist nicht mal scherzhaft gemeint.
Erinnern wir uns doch noch mal an die oben genannten Richtlinien (die sich etwas widersprechen) und versuchen wir die Vor- und Nachteile, beziehungsweise den Kontext dahinter zu beachten. Bevor ich nach diesem Beitrag in ein Kreuzfeuer aus Tantren geschmissen werde, möchte ich freundlich darauf hinweisen, dass meine Argumente dafür und dagegen keinstes falls vollständig sind, noch dass die Liste natürlich vollständig ist. Das würde den Rahmen verständlicherweise etwas stark sprengen. Auch werde ich versuchen meine eigene Meinung so gut wie möglich aus der Beurteilung heraus zu lassen, sondern vielmehr beide Seiten der Argumentation neutral zu betrachten. Worum es mir hierbei geht und worum ich dich, lieber Leser, bitten möchte, ist das Verständnis über die Tatsache, dass Ernährung auf der einen Seite sehr widersprüchlich gesehen wird, dogmatisch behandelt wird und vieles in Abhängigkeit von anderen Umgebungsfaktoren betrachtet werden sollte, die eine gleichwertige Beachtung verdient haben. Das betrifft auch die Ergebnisse von Studien, wie sich manche vorstellen können.
- wir müssen uns fettarm und kohlenhydratbetont ernähren:
Diese Anweisung ergibt natürlich ihren Sinn, wenn man oxidierte Fette konsumiert. Bevor ich mir täglich oxidierte oder Transfette einverleibe, sind Kohlenhydrate wahrscheinlich besser. Auch scheinen Kohlenhydrate in sonnigen Gebieten gut kein Problem zu sein. Schließlich gibt es einige Kulturen, die sich selbst in der heutigen Zeit noch als recht gesund behaupten können (denken wir zum Beispiel an die Asiaten). Das sollte Vertreter einer beispielsweise ketogenen Diät ein wenig verwundern. Warum sind die Inuit, die sich fettreich und kohlenhydratarm ernähren, so fit wie asiatische Reisvernichter (ja, Fisch ist sicherlich auch so ein Punkt). Darüber weiß ich bisher nur eine Sache, die das Ganze gut in ihren Zusammenhang bringen kann. Und es ist schwer zu belegen, aber nachvollziehbar. Kohlenhydrate stehen im engen Zusammenhang mit der Menge an Sonnenlicht, die wir täglich aufnehmen können. Verständlich wäre dies aus einer saisonalen Sicht. Im Winter in Regionen entfernt vom Äquator wachsen keine Früchte oder andere Quellen an Carbs. Sollten wir uns an diesen Kreislauf adaptiert haben, wäre der Konsum in Deutschland von einer Banane aus Chile mitten im schneebedeckten Januar eine ziemliche Abweichung der Norm. Informationen auf unserer Haut, der Temperatur und der Lichtzyklen wäre nicht synchron mit den Informationen, die wir über den Darm aufnehmen. Über den Spin von Elektronen an Komplex 1 etc. möchte ich jetzt vorerst nicht eingehen.
Ein weiterer Ansatz ist auch die Menge an Elektronen, die Nahrung bereitstellt. Fette sorgen für einen deutlich stärkeren Elektronen-Transport in unsere Mitochondrien, als Kohlenhydrate. Im Sommer steht uns jedoch weniger Sauerstoff zur Verfügung – Besitzen wir also einen starken Elektronenfluss ohne ausreichend Akzeptoren (Sauerstoff) bei Cytochrom 4, sorgt das für Ungereimtheiten (Lauter Pakete werden geliefert, aber die Abnehmer sind Mangelware). Dass jedoch ein konsequenter fettarmer Verzehr von Kohlenhydraten das gesamte Jahr mit minimaler Fettaufnahme zu empfehlen wäre, wage ich zu bezweifeln. Dazu gibt es inzwischen mehr als genug Informationen auf der Welt, dass wir Fette und Cholesterin benötigen. Fette – solang nicht zu stark oxidiert – sind selbst kein Problem für das Herz (auch oder erst recht nicht gesättigte Fette) und viele essentielle Hormone hängen davon ab. Persönlich kann ich ja nicht voraussetzen, dass ihr der gleichen Meinung seid, aber ich möchte weiterhin fruchtbar sein, gute Testosteron-Werte besitzen und mental ausgeglichen bleiben.
- Man muss Kohlenhydrate reduzieren und fettbetont essen
Gleiches Thema wie oben eigentlich. Saisonale cirkadiane Komplikationen einmal beiseite, ergibt es aus mancher Sicht keinen Sinn, aus einer anderen Sicht wieder schon. Sich brav ketogen zu ernähren und dabei Unmengen Transfettsäuren und oxidierte Fette zu schlucken, wird keinem etwas bringen. Das ist übrigens auch ein Grund, wie manche ketogene Studien zu schlechten Ergebnissen führen konnten. Man hatte die Tierchen mit einer „high fat diet“ ernährt – bestehend aus Unmengen an omega-6. Das verändert natürlich nichts an der Wichtigkeit von Fettsäuren wie omega 6 oder insbesondere omega 3. Seht euch nur bitte vor einfachen Fehlern vor, wie die Zubereitung von Nahrung in der Pfanne mit großen Mengen an Sonnenblumen – oder Rapsöl. Danke
Ketogene Ernährung hat inzwischen ein ziemlich gutes Image unter Interessierten, die sich mit Gesundheit beschäftigen. Darüber hinaus entwickeln wir uns natürlich weiter und reden inzwischen über metabole Flexibilität und Carb-Cycling. Die Studien zu einer gut formulierten ketogenen Ernährung sind zumindest vielversprechend und ich kann auch gerne zugeben, dass ich hier einen Bias besitze. In der Regel bin ich insbesondere in der kalten Jahreszeit ziemlich durchgehend ketogen. Außerdem werden sich hier ein paar Leser über meinen Senf bei dem Abschnitt über ROS erinnern. Ketogene Ernährungen wirken generell entzündungshemmend und reduzieren damit auch ROS. Könnte das aber vielleicht nicht immer die Lösung sein?
- Fleisch ist ungesund
Nein.
Okay – natürlich steckt auch hier was dahinter. Fleisch an sich ist nicht ungesund – die moderne Massentierhaltung mit medikamentösen Injektionen für schnellen Wachstum und schnelles Verfetten der immobilisierten Tierchen könnte vielleicht einen Effekt haben. Aus dieser Hinsicht sympathisiere ich sehr mit einer vegetarischer Sichtweise. Das macht jedoch Fleisch selbst nicht schlecht, sondern seine Produktion. Die Fettsäuren dieser gezüchteten Fleischpakete sind selten günstig für unsere eigene Gesundheit. Hier trifft der Spruch „du bist, was du isst“ wohl durchaus zu. Abhilfe? Unterstützt Bauern, die auf Massentierhaltung verzichten, sucht euch Quellen an hoher Qualität und weniger Qual. Wenn genug Nachfrage entsteht, wird sich auch das Angebot verändern. Muss es dann doch einmal ein Fleischbatzen aus dem Supermarkt sein, wäre eine Möglichkeit das magerere Stück zu kaufen und mit guten Fetten zu marinieren.
- Milch ist ein Saft der Hölle
Wie kam es dazu, dass immer häufiger Milchprodukte in das Fadenkreuz von Kritik kam? Nun, abgesehen von einer erstaunlich insulinogenen Wirkung trotz geringer Menge an Kohlenhydraten, wurde bekannt, dass manche Kühe eine Mutation der Struktur der Proteinmoleküle besaßen (cis zu trans – A1 und A2), was für den Menschen tatsächlich zu einer schwer verdaulichen Sache werden könnte. Was Deutschland betrifft sind wir jedoch davon weniger betroffen. Kühe aus der Alpenregion haben bis jetzt noch kein fünftes Bein entwickelt und drehen sich anscheinend noch in die richtige Richtung. Sollte also keine Laktoseintoleranz oder andere Probleme vorliegen, würde ich keine Probleme bei Milchprodukten per se sehen. Natürlich spielt die Tierhaltung auch hier eine Rolle. Manche schlucken Antibiotika, andere Milch. Die Qualität der Nahrung spielt nun mal eine Rolle – nicht nur beim Preis.
- Soja ist die Vorstufe für „Manboobs“
Vor einigen Jahren ging eine Armee von negativer Presse über Sojaprodukte über die Bühne. Soja schien die Schilddrüse negativ zu beeinflussen[22], habe Östrogen-ähnliche Substanzen, die Frauen damit überlasten und Männer verweichlichen würden (insbesondere um die Taille und an der Brust – hey immerhin kann man dann mit sich selber spielen?)[23], hätte einen negativen Einfluss aufgrund von enthaltenen Lektinen[24] und wäre generell schlecht für die Umwelt. Während viele Studien in diese Richtung zeigen, gibt es auch Fachliteratur, die in die entgegengesetzte Richtung weisen[25,26,27]. Das sagt mir im Grunde genommen eher, dass wir nicht wirklich beurteilen können, was stimmt. Studien können beeinflusst werden, Menschen können unterschiedlich auf Substanzen, Isoflavonoide etc. reagieren, was sicherlich auch durch andere externe Faktoren beeinflusst werden kann. Trotz einer persönlichen Meinung vermeide ich einen endgültigen Standpunkt bei dieser Geschichte. Die Literatur hat mich vorsichtig gemacht, aber es wäre meiner Meinung nach vorerst unsinnig, sich hier auf eine Meinung festzusetzen. Warum sollten manche Kulturen etwas Toxisches als festen Bestandteil ihrer kulturellen Ernährung integrieren? Vermutlich steckt dort mehr dahinter als Industrie und Marketing.
- Das Frühstück auslassen
So, wie die zwei folgenden Themen, hat das Auslassen des Frühstücks ein wenig was mit intermittierendem Fasten zu tun, was nach einer gewissen Dauer von etwa 12 bis 16 Stunden einen positiven Einfluss auf die mitochondriale Biogenes zu haben scheint[28,29]. Ebenfalls ist unser Cortisol-Spiegel in der Früh unter normalen Umständen am höchsten, was den Konsum von vielen Kohlenhydraten nicht unbedingt zu einer idealen Entscheidung zu machen scheint. Das Frühstück auszulassen, hat jedoch auch noch andere Seiten. So können wir durch ein proteinreiches Frühstück einen Effekt auf unseren Vagusnerv weiterleiten, Hormone wie Dopamin und Serotonin regulieren und wäre grundsätzlich bei Frauen, oder bei Menschen mit Symptomatiken einer Energieineffizienz eine gute Idee[30]. Wann man also was isst, hängt stark individuell von der Person ab. Wunderbar, das macht „one size fits all“ – Empfehlungen ein wenig überflüssig. Wir kaufen sie dennoch, stimmts?
- Nicht zu spät zu Abend essen
Mit einem vollen Magen schläft es sich schlecht? Nun, zumindest kenne ich ausreichend Menschen, die weder hungrig schlafen gehen möchten, noch Probleme haben, nach einem abendlichen Festmahl wohlgenährt in ein Fresskoma zu fallen. Auch gibt es gewisse Ernährungsempfehlungen, die sogar ein Verschieben der Nahrungsaufnahme auf den Abend durchaus empfehlen (zum Beispiel bei dem sog. Carb Backloading von John Kiefer). Hier kommt es natürlich wieder zu fundamental wichtigen Debatten über den richtigen Zeitpunkt des Aufeinanderprallens einer geladenen Gabel mit dem inneren unserer Mundhöhle. Die Argumente, die dagegen sprechen, wurden in diesem Beitrag bereits angeschnitten und ergeben Sinn. Ausschüttung von Melatonin und eine damit verbundene hormonelle Kaskade in der Nacht, kann durch einen gefüllten Darm, einer Insulinsekretion und Blockade des Eindringens von Leptin in das Hirn behindert werden. Aus cirkadianer Sicht wäre eine letzte Mahlzeit 3-4 Stunden vor dem Schlafengehen eher zu empfehlen. Angemerkt sei hier, dass Blaulichtspektrum am Abend einen vergleichbaren Effekt hat. Wir können also gerne abends nicht mehr essen und uns im Licht künstlicher Quellen baden – der Effekt wäre damit zunichte gemacht. Tschüss erholsamer Schlaf.
- Mittagessen auslassen
Wenn ihr wollt, sicher. Habe ich nichts dagegen und mir sind keine Studien bekannt, die dem widersprechen würden. Durch das Auslassen einer Mahlzeit können positive Effekte einer Nahrungsmittelkarenz (fasten) und einer damit auftretenden Autophagie gefördert werden. Das setzt natürlich voraus, dass wir das nicht in einer anderen Art und Weise verhindern.
- Regelmäßig mit seltsamen Pulvern sich entgiften
Detox ist ein neues Unwort der modernen Gesellschaft. Sicherlich gibt es exogene Stoffe, die wir uns täglich einführen können, um uns zu helfen, alltägliche Giftstoffe in der Luft und Nahrung besser zu verkraften. Im Grunde genommen basieren viele Supplemente darauf, dass wir unseren Körper „reinigen“. Mit einem gut funktionierenden Redox-System im Körper kann man sich das jedoch laut einiger Expertenmeinungen schlichtweg sparen. Sparen ist hier eigentlich ein ziemlich gutes Wort. Diese Kuren sind nicht wirklich günstig. Oh und bekämpfen in der Regel nicht die Ursache der eigentlichen Belastung, richtig? Ah, dafür ist man immerhin regelmäßiger Kunde. Wer dazu ein englisches Tantrum lesen möchte: Bitteschön.
- Am besten fasten
Wer es kann, profitiert sicherlich auf mehreren Ebenen durch das Auslassen von Mahlzeiten. Das wurde ja bereits schon in den anderen Themen angeschnitten und bekommt immer mehr Befürworter. Der Nobelpreis für Medizin dieses Jahr ging schließlich auch an Yoshinori Ohsumi und dem Thema der Autophagie. Während dieser Prozess am stärksten in der Nacht ablaufen sollte, können wir durch schieres Fasten oder das Auslassen von Eiweiß und Kohlenhydraten (Fette scheinen hier weniger eine Rolle bei einigen autophagen Prozessen zu spielen) diesen Prozess auch am Tag laufen lassen. Hier scheint es ebenfalls positive und negative Aspekte einer konstant fortlaufenden Autophagie zu geben. Deswegen würde ich es für gewöhnlich empfehlen, Autophagie nicht länger als für 12-16 (24) Stunden zu betreiben (fördert ebenfalls die Generierung neuer Mitochondrien). Das soll dem Abbau von funktionellem Gewebe entgegenwirken (zum Beispiel Muskulatur). Im Beitrag zu Mealtiming hatte ich bereits meine Bedenken zum intermittierten Fasten bei Frauen und bei manchen Krankheiten geäußert. Ob ein Fasten funktioniert, oder nicht, hängt von der Person ab. Aus meiner Sicht ist es eine sehr gute Idee bei generell gesunden Menschen und bedingt bei Frauen und einigen Krankheiten. Zusätzlich sollte man eine gute Quellen an Wasser und Sonnenlicht zur Verfügung haben. Selbst das Fasten über einen längeren Zeitraum schien unter diesen Umständen kein großes Problem für manche Menschen dazustellen.
- Sich vor Nachtschatten und anderen gefährlichen Gemüsesorten vorsehen
Das ist aus meiner Sicht ein Autoimmunitäts-Thema und steht stark in Verbindung zum Thema Licht. Wer meinen Beitrag zu MS gelesen hat, Jack Kruses Meinung über Probiotika und die Durchlässigkeit unseres Darms gelesen hat, wird diese Position vermutlich nachvollziehen können. Was wenige wissen, ist dass Nachtschattengewächse offensichtlich die Eigenschaft besitzen, als „UV-Block“ zu wirken[31,32]. Das ist für die heißen Länder am Äquator sicherlich praktisch, für die sonnenarmen Kulturen eher fragwürdig. Ich esse trotzdem gerne Tomaten und fühle mich gut dabei. Reaktionen auf Nachtschattengewächse sind eine Autoimmunantwort. UVB ist legendär im richtigen Kontext, wenn es um so etwas geht. Eigentlich recht interessant, dass diese kleinen Pflanzen einen Schutz vor UV-Strahlung zur gleichen Zeit geben. Sollten einem zu denken geben, oder?
- Lektine in Pflanzen vermeiden
Was zum Henker sind Lektine? Beschrieben wurden sie vereinfacht als das Abwehrsystem des Pflanzenreichs, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Dabei binden sich Lektine an Zellmembranen und können einen reaktiven Effekt auf das Immunsystem, das Verklumpen von Blutkörperchen, Zellteilung und vieles mehr haben. Wie praktisch, dass wir heutzutage ausgestattet sind mit Feuer auf Knopfdruck. Das Kochen von Gemüse ist in der Regel recht effektiv, um Lektine unschädlich zu machen. Lektine sind laut meines Wissens kein Spaß in größeren Mengen (zum Beispiel in rohen Hülsenfrüchten) und sollten wenn möglich reduziert konsumiert werden. Ist es verwundernswert, dass es bereits eine „lectin-free-diet“ gibt?
- Roh essen
Lektin gelesen? Gut, damit hätten wir bereits einen potentiellen Saboteur dieser Predigt erledigt. Trotzdem sollte anerkannt werden, dass durch den Verzehr von Rohkost ein größer Bestandteil an Ballaststoffen in unserem Darm für fröhlichen bakteriellen Nachwuchs sorgen können. Auch bleiben einige Inhaltsstoffe der fasrigen Freunde so besser erhalten und denaturieren nicht durch die Hitze. Schön, dass man dieses Argument auch umdrehen kann. So sorgt das (vorsichtige) Erhitzen ebenfalls dazu, dass andere Stoffe besser von uns resorbiert werden können. Was nun? Roh oder nicht? Wie wäre es mal mit beidem? Sorry, nicht so totalitär. Gesunder Menschenverstand mag gelegentlich Grauzonen.
- Darmflora, Fermentierung! Halleluja!
Oh! Ooh! Das Thema überhaupt derzeit! Neben dem Hirn und dem Herzen, wurde neulichst der Verdauungstrakt neu entdeckt und bekam einen gewaltigen Boost in seiner Relevanz. Seitdem sind fermentierte Lebensmittel auf dem Markt der neuste letze Schrei, Sauerkraut Superfood und viele Menschen lassen Grünzeug in ihrem Stübchen von selbst darmfreundlich vergammeln. Ärzte empfehlen, mehr im Dreck zu spielen und Hygienehysterie wurde dämonisiert. Schuld daran waren neue Methoden, das Innenleben unseres Darms zu erforschen – und tatsächlich scheint sich viel Potential in unserem internen Schlauch zu verbergen. Seitdem gibt es viele Empfehlungen und eine Menge an feuchtfröhlichen Tunnelbewohnern werden analysiert auf ihre speziellen Eigenschaften, entzündliche Prozesse zu lindern, uns zu fettverbrennenden Berserkern heranzuzüchten und effektiv die menschliche neurodegenerative Vergesslichkeit zu reduzieren[33-36]. Das bringt natürlich auch neue Behandlungsmethoden ans Licht des Tages. Denken wir an Stuhltransplantationen. Hierbei wird über die Ausscheidungen eines gesunden Menschens das Mikrobiom an einen Menschen mit Darmbeschwerden übertragen. Wie so eine Art Kulturpilz. Das lädt natürlich zu einer gewaltigen Menge an tollen Marketingsprüchen ein („Vertrauen Sie uns. Wir wollen Sie gesund verar***en!“ – oder so). Bevor mir jetzt noch mehr tolle Sprüche einfallen (mir zuckt es in den Fingern), sollte man aber durchaus zugeben, dass die Ergebnisse in mancherlei Hinsicht durchaus effektiv zu sein scheinen und die Relevanz unserer Darmflora sowie einer intakten Darmwand (leaky gut und Lipopolysaccharide) eindeutig vorliegt. Apropos Kulturpilz. Statt Stuhltransplantation wären auch interessante Getränke wie Kombucha eine gute Idee, die eigene Innenausstattung aufzupolieren. Mir wurde bisher berichtet, dass die besagten Stuhlkapseln ganz gut bekömmlich wären – dennoch würde ich mich wohler bei einem kulturellen Getränk fühlen…
Empfehlungen für bestimmte Probiotika und Prebiotika sind bisher mit Vorsicht zu genießen. Eine bakterielle Vielfältigkeit sieht bisher durchaus nach einer guten Idee aus – welche Bakterien bisher jedoch wie genau auf uns wirken, ist meines Wissens nach noch sehr durchmischt. Vorausgesetzt also, dass die geschluckte Darmsanierung in Pillenform den Effekt hat, den sie verspricht, ist nicht sicher, ob wir uns damit auch etwas Gutes tun. Warum? Das Thema ist noch relativ frisch und das macht bekanntlich viel Raum für Irrtum. Dennoch freue ich mich hier auf kommende Funde, die uns sicherlich in manchen Bereichen neue Ansätze zur Optimierung von Gesundheit, oder der Behandlung von Krankheiten geben könnten. Wusstet ihr eigentlich, dass Mitochondrien (diese tollen Energiepakete in uns, die komplexes Leben erst ermöglicht haben), durch Endosymbiose in unsere Zellen übernommen wurden und so die Welt zu einem verrückten Ort (Neuzeit) machen konnten?
Was wollte ich mit diesem Schnellfeuer an Themen bewirken? Ganz einfach – das sind einige der mehr oder weniger aktuellen Themen auf dem Schlachtfeld der Ernährung. Vieles widerspricht sich und Menschen ergreifen Positionen, die sie felsenfest vertreten. Was ist mein Problem bei der ganzen Geschichte?
Wie bereits erwähnt ist Nahrung ein Faktor von vielen, der unser Umfeld prägt. Wir haben uns vom Markt her darauf konzentriert und predigen seit ewiger Zeit eine gesunde Ernährung, die meiner Meinung nach bis jetzt noch nicht ausreichend definiert ist. Es gibt sinnvolle Ansätze, jedoch zeigen die unterschiedlichen Ergebnisse meiner Meinung nach schlichtweg, dass Ernährung lediglich eine Figur auf dem Schachbrett der Gesundheit ist. Solange wir uns in einem schädlichen Alltag bestehend aus vielen unterschiedlichen Faktoren befinden, können wir so viel debattieren über Ernährung, wie wir wollen. Wahrscheinlich würde uns das alles so sehr stressen, dass wir die kommenden Nächte nicht mehr schlafen können. Lag dann aber bestimmt an einer schlechten Mahlzeit und nicht an persönlichem Stress.
Seitdem wir mehr und mehr über Epigenetik verstehen und erkennen, was uns jeden Tag auf dauer chronisch schleichend verändern kann, sollten wir uns die Fähigkeit aneignen, alte Dogmen in Frage zu stellen. Zeit mit Freunden zu verbringen, in natürlichem Licht zu sitzen, gelegentlich barfuß auf dem Rasen zu spazieren, nicht ständig von Unmengen an Elektrosmog umgeben zu sein, einen geliebten Menschen zu umarmen, in den Bergen frische Luft zu atmen, guten Schlaf zu bekommen und vieles mehr, sollte einer – was auch immer – gesunden Ernährung mindestens ebenbürtig sein. Würde man die eben genannten Faktoren in die oben genannten Richtlinien einbauen, würden sich die Ergebnisse mit einer hohen Wahrscheinlichkeit drastisch verändern (oder was meint ihr?).Für die „Biohacker“ unter euch – gerade habe ich einige der mächtigsten (kostenlosen) Brainboost-Mittel auf dem Markt erwähnt, die mir bekannt sind. Gern geschehen. Sollte dies beim schieren Lesen ein Magengeschwür des Unglaubens heraufbeschwören, wünsche ich viel Erfolg bei der potentiellen kritischen Betrachtung der eigenen Sichtweise. Persönlich bin ich diesen Weg bereits gegangen (und gehe ihn teilweise immer noch) – kein Spaziergang.
Der Kontext:
Es gibt bestimmt genug Menschen auf dieser galaktischen Kugel, die mehr über Ernährung wissen, als über Politik (ich zähle mich hier beruflich bedingt dazu). Während die einen mit den Zähnen klappern, weil sie nicht wissen, ob Trump oder Clinton eine gute Zukunft sichern können, regen sich andere darüber auf, dass Snickers nicht paleo ist. Dass Gesundheit und Leistung in der heutigen Zeit eine nach wie vor große Rolle spielen, ist mir durchaus bewusst. Warum aber, beschränken sich dabei so viele Menschen auf einen einzigen Aspekt des gesamten Puzzles, der so(oo) abhängig ist von anderen Spielern? Für die einen wird der hier dargelegte Inhalt vielleicht neu sein und ich hoffe damit die Herangehensweise dieser Menschen offener zu machen. Für die dogmatischen Fanatiker der Ernährung, die mir als Antwort gegenhalten werden, wir toll Ernährung x der und der Person geholfen hat, dass ich Gluten in den Themen ausgelassen habe, oder dass ich vergessen habe bei Thema y Punkt z zu berücksichtigen, wünsche ich weiterhin alles Gute. Hoffentlich kommt ihr auch irgendwann an das Ende der Fahnenstange, während ihr in eurem Orbit um die Ernährungspyramide kreist.
Okay. Das war es für heute. Ich gehe mir jetzt einen Apfel und Schokolade holen. Ich bin wahnsinnig, ich weiß.
Warum Trinkgeld?
All die Informationen, die ich – übrigens neben meiner normalen Berufstätigkeit – auf dieser Seite für euch aufbereite und zur Verfügung stelle, sind immer das Ergebnis von sehr arbeitsintensiven Tagen oder gar Wochen -> für Recherche (Studien, Interviews,..), Formulieren, Gegenlesen, etc… Alternativ könnte ich mein so erarbeitetes Wissen natürlich auch (..und lukrativer..) ausschließlich in meiner Eigenschaft als Personal Consultant in Einzel-Beratungen weitergeben.
Das ist aber nicht mein Ansatz! Mir ist vor allem auch wichtig, möglichst viele Menschen zu erreichen, die von den hier gesammelten Informationen, von der Kenntnis über wissenschaftlich neu gefundene Resultate und ihre Konsequenzen profitieren könnten.
Empfehlungen
Referenzen:
[1] https://www.sciencedaily.com/releases/2009/04/090412081315.htm
[2] http://www.nature.com/scitable/topicpage/epigenetic-influences-and-disease-895
[3] http://www.nature.com/nrn/journal/v16/n6/abs/nrn3818.html
[4] https://www.jackkruse.com/ubiquitination-8-the-mammalian-battery/
[5] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1851732/
[6] http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0306452294904421
[7] http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S030090840201369X
[8] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2724665/
[9] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1847657/
[10] http://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(14)00326-1
[11] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21746850?dopt=Abstract
[12] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4204704/
[13] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26712364
[14] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4359909/
[15] http://dujs.dartmouth.edu/2011/02/the-physiology-of-stress-cortisol-and-the-hypothalamic-pituitary-adrenal-axis/#.WA9TefmLSUk
[16] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4871543/
[17] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4166587/
[18] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3047226/
[19] http://www.whatisepigenetics.com/type-2-diabetes-mellitus-and-epigenetics/
[20] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3730125/
[21] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3115550/
[22] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11925465
[23] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16571087
[24] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1075376/
[25] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11075748
[26] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18797128
[27] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14628433
[28] http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S009286740080611X
[29] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3883043/
[30] http://ajcn.nutrition.org/content/90/3/838S.full
[31] http://www.westonaprice.org/health-topics/nightshades/
[32] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23411232
[33] http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0163725815002259
[34] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3775450/
[35] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19901833
[36] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25538312
Angi
Hach, das Soja-Bashing ist ja groß in Mode. wenn du sagst, dass Soja zur traditionellen Ernährung in Asien gehört, dann muss man unterscheiden. Gut durchfermentierter Tofu ist sicher genauso gesund, wie aufgeschlossene Vollkornprodukte (lektine und so). Bei Sojamilch- und Joghurt hört der Spaß aber auf. In dieser unfermentierten Form ist das Zeug genauso wenig der Gesundheit zuträglich wie Vollkornbrot nur kurz mit Hefe gebacken. Und in Asien auch unbekannt gewesen. Bis jetzt